Information der TBR Rheine zu Starkregen, Risiken und Prävention
-boo- RHEINE. „Wir tun was, aber Sie müssen auch was tun“, wandte sich Udo Eggert, Fachbereichsleiter Entwässerung bei den Technischen Betrieben (TBR) auf der Informationsveranstaltung zum Thema „Starkregen – Risiken und Prävention“ mehrfach an die Anlieger. Das Interesse an der Veranstaltung, zu der der Stadtteilbeirat Dutum/Dorenkamp und sein Vorsitzender Frank Hörsting ein Jahr nach dem Starkregen vom 23. Juni 2016 eingeladen hatten, war groß. Rund 80 Besucher kamen am Dienstagabend in die Mensa an der ehemaligen Elisabethschule.
Dass Kommune und TBR schon genug tun, um vor den Folgen von Starkregenereignissen zu schützen, das sehen längst nicht alle Anwohner und Betroffenen so, und sie machten ihrem Ärger Luft.
Zuvor hatte Raoul Farwig, Abteilungsleiter Kundenservice und Technische Verwaltung, in seinem Vortrag mittel- und langfristige Maßnahmen vorgestellt. Unter anderem werde das Kanalnetz wie bisher entsprechend angepasst und weiterentwickelt (Investitionsvolumen 2,5 Millionen pro Jahr). Anhand des „Schadensschwerpunkts“ Bahnunterführung spielte Farwig fünf Varianten durch, um dort bei Überflutungen besser gewappnet zu sein, u.a. durch zusätzliche Regenrückhaltebecken oder Verbindungen zwischen Kanalsystemen – Kosten: zwischen 17 und 29 Millionen Euro.
Um weitere „Hotspots“ zu ermitteln, wird eine Überflutungsbetrachtung fürs Stadtgebiet durchgeführt und eine Risikokarte angefertigt. Bislang wurden vorläufig sechs Hotspots im Stadtgebiet ausgemacht. Die Zahl kann sich jedoch noch ändern. Nach Beendigung der topografischen Vermessungen sollen diese Hotspots zur Grundlage einer Risikokarte werden.
„Bei Starkregen und Sturzfluten sind auch künftig Überschwemmungen zu erwarten“, machte Farwig deutlich, als er ein Fazit zog. Denn die Netzauslegung erfolge nach dem Bemessungsregen, der geringer als der Starkregen (Starkregen: mehr als 20 mm Niederschlag in einer Stunde; Starkregen am 23. Juni 2016: 70 mm Niederschlag in einer Stunde) ist. Gegen Rückstau aus der Kanalisation hätten sich die Anlieger – beispielsweise durch Rückstauklappen abzusichern. Bei Überstau durch Starkregen oder in Hanglagen müssen Anlieger entsprechende bauliche Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören auch Regenableitungen. Drainagen zu legen und an die Kanalisation anzuschließen, ist nicht erlaubt. Und Schlammabschwemmungen von landwirtschaftlichen Flächen (s. Thieberg) könnten nicht vom Kanalnetz beherrscht werden. Nach wie vor bieten die TBR Beratungstermine. Voraussetzung ist, dass vorher der Selbstauskunfts-Fragebogen ausgefüllt wurde. Außerdem ist eine Informationsveranstaltung für Architekten und Planer geplant.
„Nur der Bürger muss was tun? Ich meine aber auch, dass die Stadt was tun muss“, meldete sich eine Anwohnerin der Darbrookmulde zu Wort, die nach dem Starkregen das komplette Erdgeschoss renovieren musste. „Wir haben das Wasser vom ganzen Waldhügel bei uns. Vor zehn Tagen haben wir schon wieder Sandsäcke ausgelegt. Ich bitte Sie, die Darbrookmulde als weiteren Hotspot aufzunehmen.“
Obwohl 2003 die Kanalisation erneuert wurde, habe er seitdem bereits sieben Mal Wasser im Keller gehabt, meinte ein Anwohner der Zeppelinstraße. Und sein Sitznachbar: „Abwassergebühren darf ich zahlen, aber für Unheil ist die Stadt nicht zuständig.“ Er spiele mit dem Gedanken zu klagen. „Da wären Sie nicht der Erste, der klagt. Aber der Erste, der gewinnen würde“, antwortete Eggert.
Die Regenmengen nähmen zu und die Regenereignisse würden mehr, bestätigte Eggert den Eindruck eines Teilnehmers.
Ein Besucher nannte die immer weiter steigende Zahl an versiegelten Flächen als eine weitere Ursache für Überflutungen. Selbst Vorgärten würden versiegelt, „weil es Mode ist“, und das Wasser kann nicht versickern. Auch Ackerflächen seien ein großes Thema, stellte Eggert heraus: „Ein Maisacker ist wie eine Pflasterfläche – da versickert nichts.“ Da es sich aber um Privatflächen handele, habe man keinen Einfluss darauf, wie der Landwirt die Fläche nutzt. „Der Eigentümer beackert, wie er es für richtig hält.“ Im Fall der „Schlammlawine“ am Thieberg/Hünenborgstraße, wo geschätzte 3000 Kubikmeter Boden „abgetragen“ wurden, sei die Kommune weiter im Gespräch mit dem Landwirt Andreas Rövemeier und strebe einen Flächentausch an. Es wurde bereits einen Randstreifen angelegt. Außerdem hätten die TBR den Seitengraben unterhalb des Fahrradwegs ausgebaggert. „Allerdings habe ich leider festgestellt, dass Leute schon wieder ihr Grünzeug dort reinwerfen“, sagte Farwig. Dann sitze der Graben schnell wieder zu und könne nicht als Ablauf dienen.
Versicherungsfachmann Hassan Hodroij von der Provinzial erläuterte noch Aspekte des Versicherungsschutzes bei Elementarschäden. Mitgebacht hatte er außerdem eine „Flutbox“ mit Pumpe, Schlauch und Schaltuhr, die er Eggert überreichte.
Sich ebenfalls mit Pumpe und Schlauch auszustatten, empfahl Eggert den Besuchern. „Denn wenn es wieder soweit ist, sind die Sachen ausverkauft.“
„Ein Maisacker ist wie eine Pflasterfläche – da versickert nichts.“
Udo Eggert, Fachbereichsleiter
Entwässerung
Quelle: MV Online